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Anna Schmidt, FÖJ 2020-2021

Ein FÖJ auf dem Eulenhof, das ist nichts was man mal nebenbei macht. Nach meinem Umweltwissenschaftsstudium entschloss ich mich die akademische Welt eine Zeitlang zu verlassen, um zu schauen, was das Leben noch so zu bieten hat. Ich war voller Tatendrang und Entdeckerinnengeist und bereit mich voll und ganz auf das Hofleben, die Arbeit und die Menschen einzulassen.

Ich wurde nicht enttäuscht. Rückblickend betrachte ich das FÖJ wie ein reich gedecktes Buffet (selbstverständlich vegan), bei dem man nur zuzugreifen braucht um sich das rauszusuchen, was einen neugierig macht, was Appetit auf mehr macht. Da gibt es die alltägliche Arbeit im Betrieb. Im Herbst haben wir tonnenweise Kürbisse vom Feld geholt, im Winter kistenweise Feldsalat in die Erde gebracht (und wieder raus – für mich nicht die erfreulichste Tätigkeit), im Frühjahr die lang ersehnte „Betriebs“sauna in den Garten gestellt und im Sommer Grundschulkindern durch Kartoffelsammeln und Hühnerstreicheln einen Eindruck vom Hof vermittelt. Bei so vielen wechselnden Tätigkeiten waren der wöchentliche Markt- oder Hofladenverkauf eine willkommene Entspannung vom turbulenten Hofleben und immer eine nette Gelegenheit zum Plausch mit Ulli oder Birgit. Den Unterschied von einem schönen Jahr zu einem wahrlich außergewöhnlichen Jahr haben für mich allerdings die Menschen gemacht, also die festen Mitarbeitenden sowieso um die 40 (!) weitere Freiwillige und Praktikant*innen, die über das Jahr Teil unseres Hofes waren. Als allererstes sind da natürlich Ulli und Markus zu nennen, die einen Ort geschaffen haben, an dem so viele Leute in einem tollen Team miteinander arbeiten, lernen und lachen können. Ich habe viele inspirierende Gespräche und lebhafte Diskussionen geführt; Zuspruch, Rat und Trost erhalten und geben können. Das möchte ich nicht missen. Es ist immer und überall Raum für Fragen und Erklärungen. Ich habe die Erfahrung gemacht, wie schnell man mit Menschen in Kontakt treten kann, wenn man auf engem Raum zusammenlebt, wieviel man von anderen lernen kann. Und ehe man sich versieht, wird aus einer fremden Person ein Freund oder eine Freundin. Nicht unerwähnt bleiben darf meine liebe Co-Föjlerin Julia. Gerade weil wir so verschieden sind, haben wir uns, wie ich finde, wunderbar ergänzt. Als krönenden Abschluss unseres gemeinsamen Jahres haben wir ein, sagen wir, funktionales und kreatives Kompostklohäuschen fertiggestellt. Ohne sie hätte ich dieses Jahr bestimmt nicht so gut überstanden, denn ich wusste immer: auf Julia ist Verlass. Neben der Arbeit war ein meist gut gefülltes Activityboard Teil unseres FÖJs, was mir viele erinnerungswürdige Erlebnisse beschert hat. Wir waren wandern und skifahren, wir haben Film- und Vorleseabende veranstaltet, waren im Winter im Rhein schwimmen und im Sommer in der Sauna. Wir haben Volleyball und Gitarre gespielt und am Lagerfeuer gesessen. Wir haben auch ziemlich viel gegessen. Ein Höhepunkt – im wahrsten Sinne des Wortes – war für mich unsere Alpenwanderung zum Brisen, auf die ich seit Beginn hin gefiebert hatte. Es war spannend zu beobachten, wie mit jedem neuen Menschen in der Villa andere Dinge und Aktivitäten in den Vordergrund rückten.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ich im Laufe des Jahres viel über mich selbst herausgefunden habe (in so einem Umfeld führt da kein Weg dran vorbei). Es ist nicht immer einfach sich gewissen Tatsachen zu stellen und Fragen für sich zu klären. Was brauche ich von mir selbst? Was brauche ich von anderen? Wie ist mein Umgang mit all den Herausforderungen und Anforderungen? Endgültige Antworten habe ich natürlich nicht gefunden und es gab genug Tage, die nicht so toll liefen und an denen ich Zweifel hatte. Aber ich kann sagen, dass es sich lohnt, sich auf den Weg zu machen. Nur Mut! Eigenverantwortlichkeit ist für mich ein Schlüsselaspekt. Um bei meiner anfänglichen Metapher zu bleiben: sich die Leckereien vom Buffet bewusst selbst auswählen anstatt nur das zu nehmen, was einem zufällig in die Hände fällt. Und dabei ganz wichtig: Man darf auch Fehler machen. Man darf die Brucheier aus Versehen übereinander stapeln, drei Kisten Salat zu viel ernten und die eigenen Kapazitäten überschätzen. Und man darf sich aufregen und ein bisschen jammern. Aber man darf auch aus Fehlern lernen und akzeptieren, dass man nicht für alles verantwortlich ist. Nach einem Jahr war es für mich ein guter Zeitpunkt den Eulenhof zu verlassen und mit den neuen Erfahrungen meinen Weg weiter zu beschreiten. Aber ich weiß, dass ich, wie so viele vor mir, zurückkommen darf und das vor allem unbedingt möchte. Es ist ein schönes Gefühl willkommen zu sein.

Dies ist ein Versuch in Worte zu fassen, was das vergangene Jahr für mich bedeutet. Klappt leider nicht mal annährend. Falls jemand mehr wissen möchte, hilft nur eins: Man muss selber ran!